IGS in Wiesbaden
Projektkoordination: Hr. Nille
Standort im Pädagogischen Haus: 3. OG Altbau
Thema: Menschen unter sich – Druckgrafik und Zeichnung
Im Rahmen eines Festen Vorhabens haben sich Schülerinnen und Schüler aus den Jahrgängen 9 und 10 der Helene-Lange-Schule in Wiesbaden im Medium des Linolschnitts mit dem Thema Menschen unter sich auseinandergesetzt. Zunächst wurde dabei der Linolschnitt als Arbeitsmedium erläutert. Hierzu gehörte zum einen die technische Unterweisung und Erprobung, das Vertrautmachen mit den Materialien und den Werkzeugen. Dies wurde an kleineren Formaten geübt, um dann schließlich im Format A3 zu arbeiten. Zum anderen galt es, eine dem Material entsprechende Ausdrucksweise zu finden, die von einer reduzierten Farbigkeit und einer groben Linien- und Flächenführung bestimmt ist. Um dies zu erreichen, wurde sich mit klassischen Beispielen des Holz- und Linolschnitts auseinandergesetzt, wie sie etwa der Expressionismus in großer Fülle bietet.
Inhaltlich widmen sich die Arbeiten dem Thema der Menschen unter sich. Es wird gestalterisch untersucht, wie sich Menschen unter sich verhalten, wie sie interagieren und sich zeigen. Dies kann auf verschiedene Weisen geschehen: Ein einfaches Verfahren besteht darin, Menschengruppe darzustellen und auf spezifische Relationen aufmerksam zu machen. Wer blickt wohin? Welche Mimik und Gestik herrschen vor? Wer ist in die Gruppe integriert, wer ausgegrenzt? Mit der Zeit wurde klar, dass Menschen, auch wenn sie auf den ersten Blick allein sind, sich stets unter Menschen befinden. Vielleicht zieht man sich von anderen zurück – dann ist man in Relation zu anderen allein. Oder man trägt andere Menschen in Gedanken mit sich, sorgt sich um sie, fürchtet sich vor ihnen usw. Einige Bilder zeigen genau diesen Bildtypus des einsamen Menschen, der gleichsam unter Menschen ist, wie er sich beispielsweise in Caspar David Friedrichs Wanderer über dem Nebenmeer findet. Eine weitere Variante steigert die Einzeldarstellung noch, indem die betrachtende Person in einen Dialog mit dem Bild verstrickt wird. Augenfällig ist dies bei Portraits der Fall. Indem einen das Bild anschaut und man den Blick unweigerlich erwidert, entsteht eine intime Version von Menschen unter sich. Schließlich ist es sogar möglich, Menschen unter sich in Bildern nachzugehen, auf denen direkt keine Menschen zu sehen sind. Dabei handelt es sich um Situationen und Orte, bei denen man genau weiß, was Menschen dort für gewöhnlich tun, sodass nun die Frage aufkommt, ob dies auch hier der Fall ist.
Eine Erweiterung erfahren die Linoldrucke durch zwei Malereien von Schülern aus dem Jahrgang 10, die im Vergleich die jeweilige Eigenart des Mediums vor Augen führen. Die Bilder unterscheiden sich auch untereinander stark, indem eines ruhig und beinahe meditativ wirkt, während das andere eine konfuse und hektische Situation zeigt. Einmal wird eine Vogelperspektive eingenommen, das andere Mal ist man mitten im Geschehen. Trotz der Unterschiedlichkeit der Bilder lassen sich jeweils typische Wahrnehmungen zu den Menschen unter sich machen, die gleichsam zum eigenen Weiterdenken anregen.
Beschreibungstext Frau König, Schülerin der Helene-Lange-Schule in Wiesbaden
Gestaltete Pädagogik/Konzepterläuterung
Die ausgestellten Arbeiten von Frederike König (Jg. 10 der Helene-Lange-Schule in Wiesbaden) entstammen zwei Bereichen, die durch das Moment verbunden werden, dass sich gestalterisch mit pädagogischen Fragen auseinandergesetzt wird. Das heißt, dass im Medium des Bildes Sachverhalte behandelt werden, denen man für gewöhnlich im Medium der Sprache, sprich: in Texten, nachgeht. Hierdurch zeigen sich in exemplarischer Weise die spezifischen Möglichkeiten des Bildes (und der Kunst) für den Bereich der Pädagogik.
1. Gestalterische Bilderschließung
In dieser Serie wird das Gemälde Das Mohnfeld bei Argenteuil, das Claude Monet im Jahr 1873 malte, auf die dort zum Tragen kommenden bildnerischen Mittel hin analysiert. Die damit verbundenen Kompetenzen bilden einen Schwerpunkt in der rezeptiven Auseinandersetzung mit Kunstwerken, wie sie in der Schule vermittelt werden sollen. In erster Linie wird dabei sprachlich vorgegangen, was den Schülerinnen und Schülern oft schwerfällt, da hiermit ein Bruch mit der künstlerischen Gestaltung, die den Kunstunterricht auszeichnet, einhergeht.
Indem nun die Bilderschließung auf eine gestalterische Weise angegangen wird, wird den Schülerinnen und Schülern eine sinnvolle Verbindung zwischen Bildgestaltung und Bilderschließung geboten. Die entsprechenden Unternehmungen erschöpfen sich dabei nicht in einer grobe Kompositionsskizze, wie es gelegentlich der Fall ist, sondern kombinieren sinnvoll und sukzessiv einzelne Schritte miteinander. Dabei findet eine sprachliche Erläuterung statt, ohne in den Vordergrund zu drängen. Wenn einmal das Prinzip und die Fruchtbarkeit eines solchen Vorgehens deutlich geworden ist, liegt es nahe, eigene Versuche zu unternehmen – sowohl hinsichtlich der Anwendung des Gesehenen auf andere Bilder als auch hinsichtlich der Erfindung weiterer Gestaltungsweisen zur Bilderschließung. Man merkt den Arbeiten die Offenheit des Prozesses an, was sie klar dem Bereich des forschenden Lernens zuordnet.
2. Mindmaps
Seit über einem Jahr setzt sich Frederike König gestalterisch mit verschiedenen Themen der Pädagogik auseinander. Es entstehen dabei komplexe Diagramme, die die entsprechenden Sachverhalte aus Sicht einer Schülerin und Künstlerin thematisieren. In der Auseinandersetzung mit diesen Bildern zeigen sich viele Details und v.a. Zusammenhänge, die sonst nicht erkennbar wären. Dieses Talent hat seinen Niederschlag in Form von Veröffentlichungen in pädagogischen Fachzeitschriften gefunden. Auf diese Weise entsteht eine gewinnbringende Verbindung unterschiedlicher Perspektiven sowie eine Einbindung und Bereicherung des pädagogischen Diskurses.